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Andreas Vogel

Geschäftsführer der GEVA, Frechen und Vorstand des Verbandes des Deutschen Getränke-Einzelhandels e.V.



Frage 1:

Sie agieren seit einiger Zeit in Doppel- bzw. Multifunktion. Einerseits sind sie Geschäftsführer bei der GEVA und anderseits Vorstand beim Verband des Deutschen Getränke-Einzelhandels.

Gib es da nicht Konflikte zwischen GEVA als Gastronomieausrichtung und dem Handelsverband?


Antwort:

Zunächst einmal sei der Vollständigkeit halber angemerkt, dass auch die GEVA über einen erfolgreichen Vertriebsbereich „Getränkefachmarkt“ verfügt und die angeschlossen GEVA Gesellschafter sowohl im Handel als auch in der Gastronomie aktiv sind, wobei der Schwerpunkt unserer zentralen Vertriebsaktivitäten in der Tat in der Belieferung und Abrechnung der systematisierten Gastronomie liegt. Und um auf den Kern Ihrer Frage zu sprechen zu kommen: Nein, es gibt es keinerlei Konfliktpotenzial, ganz im Gegenteil! Zum einen liegt der Hauptfokus meiner Tätigkeit ganz eindeutig auf meiner Funktion als Geschäftsführer Vertrieb/Marketing und Sprecher der GEVA Geschäftsführung. Zum anderen ist die Doppelfunktion sogar eher eine Bereicherung, da sich die beiden Bereiche sehr gut ergänzen und man automatisch einen breiteren und tieferen Einblick in die mannigfaltigen Herausforderungen unserer schönen Branche erhält. Denken wir alleine an die aktuelle Corona-Pandemie, wo auf der einen Seite die Gastronomie und ihre (GFGH-)Lieferanten sehr stark unter den Folgen der Lockdowns und der anhaltenden Kontaktbeschränkungen leiden und auf der anderen Seite die Getränkefachmärkte von den veränderten Verbrauchergewohnheiten profitieren konnten. Letzteres war und ist dabei aber auch nicht Gott-gegeben; vielmehr haben die erfolgreichen Getränkefilialisten über die letzten Jahre ihre Hausaufgaben in Bezug auf Personalführung, Service, Marktausstattung, Sortimentspolitik, Marketing etc. gemacht und stellen so eine attraktive Einkaufsalternative zu den LEH-Konzernen und Discountern dar. Last but not least kommen die Anstrengungen des Verbandes des Deutschen Getränke-Einzelhandels (VDGE) mit seinen Partnern in der Allianz für Mehrweg (u. a. dem BV GFGH) unter dem Strich auch allen Getränkefachgroßhändlern zugute, die oftmals selber erfolgreich Getränkefachmärkte betreiben und zudem das gleiche hohe Interesse an einer mehrwegorientierten, nachhaltigen Gebinde-Politik haben.


Frage 2:

Die erfolgreiche Gastronomie hat sich sukzessive systematisiert. Verhalten sich die Systemgastronomen ähnlich wie die LEH Handelspartner oder gibt es bei den Gesprächen bzw. Verhandlungen gravierende Unterschiede?


Antwort:

Dem Grundsatz-Statement kann ich absolut zustimmen! Die systematisierte Gastronomie hat sich in den vergangenen Jahren erheblich professionalisiert und gehört auch in Sachen Digitalisierung mittlerweile zu den Vorreitern. Es kann dabei heute auch durchaus vorkommen, dass man bei den entsprechenden F+B-Einkäufern auf Personen trifft, die vormals im LEH tätig waren. Wenn wir über die eigentlichen Verhandlungen sprechen, dann möchte ich aber doch einen Unterschied deutlich hervorheben: Auch unsere Gespräche im Bereich der Systemgastronomie sind nicht immer einfach und es wird durchweg hart verhandelt; allerdings sind solche Drohgebärden wie im LEH – ich denke hier an die wenn auch i. d. R. nur temporären Auslistungen bedeutender Markenartikel durch große Handelskonzerne – zum Glück noch nicht an der Tagesordnung. In der Gastronomie, auch der systematisierten, ist der Umgang meiner Erfahrung nach immer noch deutlich persönlicher und partnerschaftlicher. Die Gespräche, so hart sie im Einzelfall sein mögen, werden hier respektvoll und auf Augenhöhe geführt.


Frage 3:

Derzeit gibt es viele Diskussionen über eine angemessene Entlohnung der Mitarbeiter in der Gastronomie. Sollten die Mitarbeiter in der Gastronomie mehr verdienen und wie stehen Sie zu einer spürbaren Anpassung der Preise für den Gast?


Antwort:

Ganz unabhängig von der Branche sollte zunächst einmal jeder Arbeitnehmer für seine Tätigkeit angemessen entlohnt werden, wobei das Lohnniveau dabei durchaus regional variieren kann und muss. Aus meiner Sicht legt im Übrigen gerade die systematisierte Gastronomie sehr viel Wert auf die Förderung der eigenen „Mitarbeiter“ und setzt hierbei u. a. auch auf professionelle Anreiz- und Weiterbildungskonzepte.

Beim Thema Preise vertrete ich die klare Auffassung, wonach wir um gewisse Preisanpassungen einfach nicht herumkommen werden, wenn Themen wie Tierwohl, Menschwohl, Nachhaltigkeit, Qualität und Gesundheit mehr als nur leere Floskeln darstellen sollen. Es muss Schluss sein mit der deutschen „Geiz ist geil“-Mentalität! Lebensmittel verdienen wie in zahlreichen benachbarten Ländern viel mehr unsere Wertschätzung, als es heute der Fall ist. Bei Befragungen in der Fußgängerzone treten fast alle für die oben skizzierten Werte ein – eine halbe Stunde später im Supermarkt oder im Restaurant kommt dann aber leider zu oft wieder der „Schnäppchenjäger“ in uns zum Vorschein.

Darüber hinaus wäre es natürlich auch hilfreich und wünschenswert, wenn politisch sinnvolle Maßnahmen wie die Corona-bedingte Mehrwertsteuersenkung auf Speisen entfristet und bestenfalls auf den Bereich der Getränke ausgedehnt werden.


Edition: 4/22




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